Pioneering Diagnostics

Was ist eine “echte” MHK – und kann diese mit VITEK® 2 bereitgestellt werden?
Von Sheila Farnham, Senior Brand Manager, VITEK® 2 Reagents

Im Lauf der Jahre wurde ich oft gefragt, ob VITEK® 2 eine “echte” MHK bereitstellen kann. Um diese Frage zu beantworten, sollten Sie zunächst überlegen, was eine “echte” MHK – Minimale Hemmkonzentration – ist. Werden Mikrobiologen oder andere Laborfachkräfte gefragt: “Was ist eine echte MHK?”, bekommt man meist eine der folgenden Antworten:

  • Es ist die Referenzmethode.
  • Die MHK kann manuell abgelesen werden.
  • Eine Inkubation über Nacht ist erforderlich.
  • Die Ergebnisse können ohne weitere Kalkulationen direkt abgelesen werden.
  • Es gibt ein Well für jede ausgewiesene MHK.
  • Es gibt zahlreiche Verdünnungsstufen.
  • Wildtypen können von Nicht-Wildtypen unterschieden werden.

Lassen Sie uns diese verschiedenen Definitionen einer “echten” MHK im Einzelnen betrachten.

Ist es die Referenzmethode?

Wenn dies der Fall wäre, wären die meisten In-vitro-Diagnostik (IVD)-Systeme nicht als “echte” MHK-Systeme qualifiziert.  Nur diejenigen Methoden, die exakt der International Organization for Standardization (ISO) 20776-1:2006 (E)1 bzw. dem Clinical and Laboratory Standards Institute (CLSI) M07-A102 folgen, wären qualifiziert, “echte” MHK bereitzustellen.  Es gibt nur sehr wenige Hersteller von In-vitro-Diagnostika, die derzeitig Referenz-MHK-Panels anbieten. Diese müssen gemäß ISO und CLSI tiefgefroren sein. Getrocknete Panels z. B. können als nicht äquivalent zur Referenzmethode betrachtet werden. Daher ist diese Definition sehr einschränkend.

Bedeutet eine echte MHK nur, dass sie manuell direkt abgelesen werden kann, eine Inkubation über Nacht erforderlich ist und/oder dass sie keine weiteren Kalkulationen der Ergebnisse beinhaltet?

Liefern IVD-Systeme, die manuell direkt abgelesen werden können, bei denen eine Inkubation über Nacht erforderlich ist und/oder die keine weiteren Kalkulationen der Ergebnisse erfordern, wirklich MHK-Werte, die „echter“ sind als bei Systemen, bei denen dies nicht der Fall ist? Geräte für die AST (Antimicrobial Susceptibility Testing) erfordern den Nachweis der Gleichwertigkeit ihrer Leistungsfähigkeit gegenüber der Referenzmethode, aber es ist nicht erforderlich, die Referenzmethode tatsächlich auf dem Gerät auszuführen.

Bedenken Sie, dass alle Systeme, die nicht die Referenzmethode darstellen, klinische Validierungen erfordern (z. B. Leistungsstudien), um für die Freigabe durch die US-FDA (United States Food and Drug Administration) oder für die CE-Kennzeichnung die Gleichwertigkeit zur Referenzmethode nachzuweisen. Dies trifft auch für klassische Mikrotiterplatten im 96-Well-Format mit getrockneten Substanzen zu. In diesen Fällen sind – unabhängig davon, wie die MHK-Werte ermittelt werden – die Leistungsdaten der klinischen Prüfung in der zugehörigen Produktkennzeichnung des Herstellers der tatsächliche Indikator dafür, wie gut diese Systeme im Vergleich zur Goldstandard-Methode arbeiten.

Die amerikanische FDA und die ISO fordern für die IVD/AST-Systeme ähnliche, sehr strenge Leistungskriterien, damit unabhängig von der Methodik eine Freigabe oder Registrierung erteilt werden kann.

  • > 90 % wesentliche Übereinstimmung („Essential Agreement“ EA, d. h. Prozentsatz der MHK-Übereinstimmung der Testmethode +/- 1 Titerstufe mit der Referenzmethode).
  • > 90 % Kategorie-Übereinstimmung („Category Agreement“ CA, d. h. Prozentsatz dafür, dass eine sensible (S), intermediäre (I) oder resistente (R) Interpretation der MHK bei der Testmethode mit der Interpretation S, I oder R der Referenzmethode übereinstimmt).
  • < 3.0 % Major Errors beziehen sich nur auf sensible Isolate (Major Errors sind Isolate, die mit der Referenzmethode sensibel (S) getestet werden und mit der Testmethode resistent (R).
  • Die FDA und ISO haben unterschiedlich zulässige Very Major Error (VME)-Raten. (VMEs sind Isolate, die mit der Referenzmethode resistent (R) und mit der Testmethode sensibel (S) getestet werden).
    • Die Vorgaben der FDA erfordern eine VME-Rate auf der Basis resistenter Isolate. Diese Rate ist eine statistische Funktion basierend auf vorgegebenen Akzeptanzkriterien mit einem oberen 95 %igen Konfidenzlimit für die echte VME Rate von <7,5 % und einem unteren Konfidenzlimit für die echte VME Rate von <1,5 %.
    • Die ISO fordert < 3.0 % VMEs, die sich nur auf resistente Isolate beziehen.
Ausführliche Informationen über die Leistungskriterien der US-FDA finden Sie unter 2009 Class II Special Controls Guidance Document: Antimicrobial Susceptibility Test (AST) Systems3. Ausführliche Informationen über die ISO-Anforderungen entnehmen Sie bitte der ISO 20776-2: 2007 (E)4.   

VITEK® 2 ist von der amerikanischen FDA freigegeben und CE-gekennzeichnet, wofür der Nachweis erforderlich ist, dass die ermittelten MHKs mit denen der Referenzmethode korrelieren. Obwohl die VITEK® 2 AST-Ergebnisse nicht manuell abgelesen werden, eine Inkubation über Nacht nicht grundsätzlich erforderlich ist und Algorithmen zur Bestimmung der  MHKs genutzt werden, müssen die Ergebnisse mit denen der Referenzmethode übereinstimmen, wie es die CE-Kennzeichnung aller Antibiotika für die Humanmedizin, die für VITEK® 2 angeboten werden, sowie die FDA-Zulassung für die meisten dieser Antibiotika  erfordern. 

Ein weiterer Punkt an dieser Stelle – das manuelle Ablesen der MHK-Werte – kann  zeitaufwändig und subjektiv sein. Die VITEK® 2 AST-Ergebnisse entsprechen der Referenzmethode, aber sie liefern die zusätzlichen Vorteile objektiver, reproduzierbarer und schneller Ergebnisse. Tatsächlich gelten die VITEK® 2-Ergebnisse als standardisierter als bei Systemen, die manuell abgelesen werden, da beim automatisierten Ablesen die menschliche Subjektivität bei der Interpretation der Ergebnisse entfällt – die Ergebnisse desselben Isolats werden gleich interpretiert, unabhängig davon, wer diesen Test durchführt.

Ist deshalb das Wesentliche für eine “echte” MHK, ein Well für jeden ausgewiesenen Wert, viele Verdünnungsstufen und/oder die Differenzierung von Wildtyp-Stämmen zu anderen Organismen? 

Zuerst einige Worte zu den Verdünnungsreihen. Nur weil ein System physisch über Verdünnungsstufen verfügt, wird es nicht zur Referenzmethode. Zum Beispiel befolgen schnelle, automatisierte Systeme nicht exakt die Testbedingungen der Referenzmethode, da diese abhängig vom Organismus bzw. der antimikrobiellen Substanzkombination eine 16-24-stündige Inkubation erfordert. Doch mit den Leistungsdaten aus klinischen Studien kann eine wesentliche Gleichwertigkeit dieser Systeme zur Referenzmethode festgelegt werden.

Ein sehr großer MHK-Bereich ist vorteilhaft, aber nicht unbedingt praktikabel für eine Vielzahl von Antibiotika, die für jedes Isolat getestet werden müssen. Da Resistenzraten zunehmen, müssen wir mehr Antibiotika testen – aber die Kapazität auf den Verbrauchsmaterialien für die AST ist begrenzt. Viele AST-Systeme verwenden für die meisten Antibiotika-Panels nur die Konzentrationen, die erforderlich sind, um die Kategorie festzulegen. VITEK® 2 deckt für die meisten Antibiotika einen MHK-Bereich von sieben Verdünnungsstufen ab, die den epidemiologischen Cut-Off-Wert beinhalten, der zur Unterscheidung zwischen Wildtyp und Nicht-Wildtyp-Stämmen verwendet wird. Damit verfügt VITEK 2 im Vergleich zu ähnlichen, schnellen, automatisierten ID/AST-Systemen, über einen der umfassendsten Messbereiche. Die ISO und FDA haben für einen MHK-Test oder ein -System, Kriterien festgelegt, welche die meisten Antibiotikatests für VITEK® 2 erfüllen:

  • Nach ISO 20776-24 ist ein MHK-Test ein “Test, der in der Lage ist, eine MHK zu bestimmen, die einen Bereich von mindestens fünf aufeinanderfolgenden Verdünnungsstufen abdeckt und für den eine wesentliche Übereinstimmung (Essential Agreement EA) ermittelt werden kann”.
  • Das FDA 2009 Class II Special Controls Guidance Document3 definiert MHK-Systeme wie folgt: “Bouillon-Dilution, Agar-Dilution oder andere Methoden oder Systeme aus mindestens fünf Konzentrationsstufen einer i.d.R. Zweifach-Verdünnungsreihe aus antimikrobiell wirksamen Substanzen,” mit zusätzlichen Spezifikationen, die eindeutig das VITEK® 2 einschließen, da die meisten Antibiotika, die auf dem System analysiert werden, von der FDA zugelassen sind, da VITEK 2 vorrangig quantitative MHK-Ergebnisse bereitstellt und nicht nur qualitative Kategorie-Ergebnisse (SIR).
  • Die FDA definiert Breakpoint-Systeme als: “Der Konzeption von MHK-Systemen ähnliche Systeme, aber mit vier oder weniger Konzentrationsstufen des jeweiligen antimikrobiellen Wirkstoffes. Diese Konzentrationen entsprechen den interpretativen Breakpoints (basierend auf den MHK-Grenzwerten der interpretativen Kategorien für jede antimikrobielle Substanz) die ein qualitatives (Kategorie)-Ergebnis liefern. Von der FDA werden diese Geräte als qualitative Systeme eingestuft.” 3

Was bedeutet dies für unsere Betrachtung einer “echten” MHK?

Die CLSI M07-A102 definiert eine “echte” MHK wie folgt:  “Die “echte” MHK liegt im Bereich zwischen der niedrigsten Testkonzentration, die das Wachstum des Organismus hemmt (d.h. dem abgelesenen MHK-Wert) und der nächsttieferen Testkonzentration. Werden z. B. Zweifach-Verdünnungen verwendet, und die ermittelte MHK liegt bei 16 µg/mL, läge die “echte” MHK irgendwo zwischen 16 µg/mL und 8 µg/mL.” Fände diese Definition Anwendung und die „echte“ MHK müsste exakt ermittelt werden, dann würde kein AST-System – einschließlich der Referenzmethode – eine “echte” MHK bereit stellen. Letztlich entscheidend ist, dass der ermittelte MHK-Wert präzise und zuverlässig ist!

Fazit zur MHK und VITEK® 2?

Sollten Sie wieder einmal mit der Frage konfrontiert sein, ob die MKHs Ihres AST-Systems “echt” sind, denken Sie daran, dass für die CE-Kennzeichnung und die FDA-Genehmigung wichtig ist, dass die Testergebnisse äquivalent zur Referenzmethode aussfallen müssen, wie anhand von Leistungsdaten aus klinischen Studien in den Begleitdokumenten ersichtlich. Diese Datenangabe ist gesetzlich vorgeschrieben und wird von jedem Hersteller für MHK-Systeme, die nicht die Referenzmethode darstellen, ausgewiesen, um die Äquivalenz mit der Referenzmethode nachzuweisen. Noch besser ist es, wenn das AST-System präzise, reproduzierbare und schnelle MHK-Werte bereitstellt und dazu noch die Arbeitsabläufe im Labor positiv unterstützt - wie im Fall von VITEK® 2.

 

Referenzen

  1. ISO.  Clinical laboratory testing and in vitro diagnostic test systems - Susceptibility test of infectious agents and evaluation of performance of antimicrobial susceptibility test devices –Part 1:  Reference method for testing the in vitro activity of antimicrobial agents against rapidly growing aerobic bacteria involved in infectious diseases-First Edition.  ISO document 20776-1.  Switzerland:  ISO; 2006.
  2. CLSI. Methods for Dilution Antimicrobial Susceptibility Tests for Bacteria that Grow Aerobically; Approved Standards, 10th Ed. CLSI document M07-A10. Wayne, PA: Clinical and Laboratory Standards Institute; 2015.
  3. U.S. Department of Health and Human Services, Food and Drug Administration, Center for Devices and Radiological Health.  Class II Special Controls Guidance Document:  Antimicrobial Susceptibility Test (AST) Systems. http://www.fda.gov/MedicalDevices/DeviceRegulationandGuidance/GuidanceDocuments/ucm080564.htm.  U.S. Department of Health and Human Services; 2009.
  4. ISO.  Clinical laboratory testing and in vitro diagnostic test systems - Susceptibility test of infectious agents and evaluation of performance of antimicrobial susceptibility test devices – Part 2:  Evaluation of performance of antimicrobial susceptibility test devices-First Edition.  ISO document 20776-1.  Switzerland:  ISO; 2007.


Abkürzungen:

  • S: Empfindlich
  • I: Intermediär
  • R: Resistent